Er sorgt gerade in sozialen Netzwerken gern für Erheiterung: „Wünscht man zum Welttoilettentag auch einen guten Rutsch?“ twittert eine Userin. Dabei hat der Welttoilettentag einen ernsten Hintergrund: Auch im 21. Jahrhundert müssen rund 4 von 10 Menschen weltweit ihre Notdurft im Freien oder unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen verrichten. Warum saubere und funktionierende Toiletten so wichtig sind und welche unappetitlichen Angewohnheiten viele Menschen am „stillen Örtchen“ haben.

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Welttoilettentag als Teil einer UN-Kampagne
Der Welttoilettentag wird seit 2013 offiziell durch die Vereinten Nationen (UN) unterstützt. Ins Leben gerufen hat ihn ursprünglich die Welttoilettenorganisation, die – ebenso wie die Welthandelsorganisation – das Kürzel „WTO“ für sich beansprucht. Sie wurde im Jahr 2001 durch ein Netzwerk internationaler Organisationen und Fachexperten gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, die weltweite Versorgung mit hygienischen Toiletten zu verbessern. Mit dem Welttoilettentag möchte die Organisation Bewusstsein für das Thema schaffen und Aufklärungsarbeit leisten.
Worum geht es beim Welttoilettentag?
Denn nach wie vor haben etwa 2,5 Milliarden Menschen weltweit keinen Zugang zu Toiletten mit einem funktionierenden Entsorgungssystem. Sie sind gezwungen, sich im Freien, auf Plumpsklos oder in Latrinen ohne Abwasserentsorgung zu erleichtern. Oft ohne Sichtschutz und ohne sich danach die Hände waschen zu können.
Das ist ein Riesenproblem, denn die Fäkalien verunreinigen Boden, Flüsse und Grundwasser. Mit dem verschmutzten Wasser bereiten Menschen anschliessend ihre Mahlzeiten zu, waschen sich oder trinken es. So haben Krankheitskeime und Parasiten wie Würmer leichtes Spiel.
Schätzungen zufolge sterben in den ärmsten Regionen der Welt pro Jahr etwa 2 Millionen Menschen an Durchfallerkrankungen und anderen Infektionen, die durch verunreinigtes Wasser oder Nahrungsmittel hervorgerufen werden. Besonders hart trifft es die Jüngsten. Tag für Tag werden mehr als 6000 Kinder Opfer einer mangelhaften Abwasserentsorgung!
TV und Smartphone statt Toilette
In vielen Regionen der Welt sind moderne Unterhaltungstechnologien mittlerweile wesentlich stärker verbreitet als Toiletten. So besitzen in Afghanistan mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ein TV-Gerät, doch nur 7 Prozent haben Zugang zu einem WC mit Wasserspülung. Weltweit soll es inzwischen mehr Smartphones als Toiletten geben!
Die Welttoilettenorganisation fordert von den Regierungen in betroffenen Ländern, zumindest 3 Prozent ihrer Staatsausgaben für den Aufbau eines funktionierenden Entsorgungssystems aufzuwenden. Das könnte die Sterblichkeit deutlich reduzieren und die Lebensqualität von Milliarden Menschen verbessern.
Zugang zu Toiletten als Menschenrecht
Neben der mangelhaften Hygiene gibt es auch einen weiteren Missstand, für den der Welttoilettentag Bewusstsein schaffen will: Vor allem Frauen und Mädchen werden in betroffenen Regionen oft zum Opfer sexueller Übergriffe, wenn sie gezwungen sind sich im Freien zu erleichtern. Es ist daher auch eine Frage der Sicherheit und Würde, ungestört eine Toilette aufsuchen zu können. Selbst Schulen sind in armen Regionen oft nur unzureichend mit Toiletten ausgestattet. Was unter anderem zur Folge hat, dass viele Mädchen zu Hause bleiben, wenn sie ihre Periode haben. Die Vereinten Nationen bezeichnen den Zugang zu hygienischen Toiletten daher mit gutem Grund als Menschenrecht.
Hygiene am WC – auch hierzulande besteht Lernbedarf
Ein Thema, mit dem wir uns am Welttoilettentag auseinandersetzen könnten, ist unsere eigene Toiletten-Kultur. Denn auch in entwickelten Ländern ist die Hygiene am WC oft verbesserungswürdig. Schuld sind hier eher schlechte Angewohnheiten als eine mangelhafte Versorgung.
So gibt es offenbar noch grossen Nachholbedarf beim Thema Händewaschen. Umfragen zufolge behaupten zwar mehr als 95 Prozent aller Erwachsenen, sich nach dem Toilettengang „fast immer“ die Hände zu waschen.
Einer aktuellen Studie der Uni Heidelberg zufolge wird dabei offenbar häufig geflunkert – und das vor allem von Männern. Einen Monat lang haben Studierende der Angewandten Psychologie unauffällig das Waschverhalten in öffentlichen Toiletten beobachtet. Das schockierende Ergebnis: Etwa 11 Prozent der Männer und 3 Prozent der Frauen verzichten ganz auf das Händewaschen. Und nur 51 Prozent aller Männer nutzen beim Händewaschen Seife, während das unter den Frauen immerhin 82 Prozent tun.
Insgesamt reinigen nur 8 Prozent ihre Hände nach dem Toilettengang so, wie es Wissenschaftler empfehlen: Nämlich mindestens 20 Sekunden lang, mit Seife und inklusive Fingerzwischenräumen und Handrücken.
Unappetitlicher Begleiter: Das Handy auf der Toilette
Eine weitere schlechte Angewohnheit ist die Handy-Nutzung auf der Toilette. Einer Umfrage des Portals Statista zufolge scheint es eine Altersfrage zu sein: Unter 18- bis 29-Jährigen geben fast 80 Prozent an, mit ihrem Smartphone auf der Toilette zu surfen, zu spielen oder zu chatten. Über 60-Jährige sind hier wesentlich zurückhaltender, in dieser Altersgruppe nehmen nur rund 20 Prozent ihr Handy mit aufs Klo.
Warum das bedenklich ist? Während Sie auf der Toilette am Handy tippen oder surfen, verunreinigen Sie das Display ganz automatisch mit Keimen. Selbst Hände waschen danach nützt wenig, wenn Sie später wieder zum Telefon greifen. Wissenschaftler der Universität Arizona konnten auf immerhin jedem sechsten Smartphone Reste von Fäkalien nachweisen.
In den meisten Fällen ist das „nur“ unappetitlich, weil Ihr Immunsystem mit den Keimen spielend fertig wird. Vor allem auf öffentlichen Toiletten oder solchen in Krankenhäuser ist allerdings Vorsicht geboten, denn hier steigt die Wahrscheinlichkeit, sich Krankheitserreger einzufangen.
Toilettensitz ist weit überschätzte Gefahr
Die Angst, sich über den Sitz einer öffentlichen Toilette mit Keimen zu infizieren, ist dagegen eher unbegründet: Auf einem durchschnittlichen Toilettensitz finden sich gerade einmal 50 Keime pro 6 cm². Das ist sehr wenig etwa im Vergleich zu feuchten Küchenschwämmen: Dort tummeln sich bis zu 200.000 mal mehr Keime! Der Grund ist, dass die Kleinstlebewesen auf der trockenen und glatten Oberfläche eines Toilettensitzes nur schwer überleben können.
Denken Sie also bei Ihrem nächsten Toilettenbesuch daran, dass es bei Weitem keine Selbstverständlichkeit ist, sich unter vergleichsweise hygienischen Bedingungen erleichtern zu können! Hierzulande haben wir die Sauberkeit auf der Toilette im wortwörtlichen Sinn selbst in den Händen: Indem wir uns eben diese penibel waschen und vom Smartphone am Klo besser die Finger lassen.
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